Implementierung der Kreislaufwirtschaft in Strukturen etablierter Unternehmen

Whitepaper in Kürze

  • Mit der Einführung diverser Regularien in Bezug auf Kreislaufwirtschaft, werden Unternehmen vor die Herausforderung gestellt, ihre Produkte entsprechend anzupassen. Die Integration von Kreislaufwirtschaft (CE, engl. Circular Economy) ins Qualitätsmanagement (QM) birgt die Chance, das Unternehmen zu stärken und reaktionsfähiger zu machen. Falls ein Business Excellence Modell vorhanden ist, ist eine Integration ebenso möglich. Damit CE ins QM eingebettet werden kann, müssen folgende Schritte berücksichtigt werden:
  • Ist ein QM System (QMS) für das ganze oder für Teile des Unternehmens vorhanden, CE ist jedoch nicht Teil des QMS, braucht es eine strategische Entscheidung auf welcher Ebene CE verankert werden soll (in der Quality Policy und/oder im QM Handbuch und/oder auf Prozess- und Arbeitsebene). Falls das QMS nur Teile des Unternehmens abdeckt, braucht es eine Entscheidung, wie die Firmenziele durch optimale Kommunikation effizient koordiniert werden können. Um CE integrieren zu können braucht es klare Kommunikation innerhalb des Managements, bezüglich Geschäftsauswirkungen, Finanzzahlen, Risiken & Chancen in Bezug auf die Integration von CE. Diese Kommunikation kann mit einem Kommunikationsplan ergänzt werden, welcher adressatengerecht gestaltet werden soll und die Strategie für das gesamte Unternehmen festlegt. Um die angestrebte kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten, bietet sich die Integration von CE, bspw. in den PDCA-Zyklus und schliesslich auch ins Arbeitsmanagement an.

Relevanz

Das Verankern der Kreislaufwirtschaft in bisherige Firmenstrukturen ist aufgrund rascher Anpassungen von Regulationen unumgänglich. Dazu bietet sich das integrierte Qualitätsmanagement (QM) an. Durch die Einbindung ins QM kann der Kreislaufwirtschaftsgedanke schon früh z.B. in die Planungsphase von Produkten und Geschäftsmodellen aufgenommen werden, was wiederum die Anpassung von Prozessen erleichtert und dadurch die Effizienz im Unternehmen steigert. Die Kopplung von Qualitätsmanagement und Kreislaufwirtschaft führt zu robusteren und zukunftsorientierten, gesetzlich konformen Produkten und Dienstleistungen.

Ausgangslage

Das Konzept einer Kreislaufwirtschaft (CE, engl. Circular Economy) sieht vor, den Verbrauch an natürlichen Ressourcen und die damit verbundenen Umweltwirkungen durch die Schliessung von Kreisläufen zu reduzieren. Dadurch entstehen auch viele neue Geschäftsmodelle und –Möglichkeiten. Das häufig verwendete 10R Framework beinhaltet die Kreislaufstrategien (R-Strategien) refuse, rethink, reduce, reuse, repair, refurbish, remanufacture, repurpose, recycle, und recover (siehe Abb. 1).

Abb. 1: 10R Framework nach Potting et al. (2016)
Abb. 1: 10R Framework nach Potting et al. (2016)

In der EU wird Kreislaufwirtschaft zurzeit mit diversen Aktionsplänen gestärkt; erste grosse Änderungen in Bezug auf z.B. Rezyklierbarkeit werden in den nächsten fünf Jahren erwartet (z.B. die Sustainable Products Initiative des EU Green Deal). In der Schweiz wird die Kreislaufwirtschaft mit der parlamentarischen Initiative 20.433 «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» thematisiert. Die aus den politischen Aktionen resultierenden Regulationen für Produkte im In- und Ausland sind Risiken aber auch Chancen, da sie Unternehmen dazu zwingen, ihre Produkte anzupassen.

Herausforderungen der Verknüpfung von Qualitätsmanagement und Kreislaufwirtschaft

Durch die Verknüpfung von Kreislaufwirtschaftsstrategien und Qualitätsmanagement werden Strategien zur Schonung von Ressourcen auf die Ebene des Managements angehoben und in der bekannten Methode des QMS integriert. Dies ist jedoch nicht immer ganz einfach. Durch die im Rahmen dieses Projektes geführten Interviews, wurden die Hürden «ein grundsätzlich fehlendes Qualitätsmanagement», «ein integriertes Qualitätsmanagementsystem (QMS), welches nur gewisse Bereiche des Unternehmens abdeckt», oder «ein vorhandenes Qualitätsmanagementsystem, welches jedoch keine Kreislaufwirtschaftsaspekte enthält» identifiziert.

Die Bereiche Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeit/ Kreislaufwirtschaft sind in etablierten Firmen manchmal an unterschiedliche Abteilungen angegliedert. Für eine Verknüpfung dieser Bereiche und ein dynamisches Management ist Kommunikation essenziell, welche noch strategischer und mehr auf Mitarbeiter bezogen sein sollte als dies zurzeit oft der Fall ist.

Identifizierte Hürden:

  • Grundsätzlich fehlendes QM
  • Integriertes QMS, welches Teile des Unternehmens abdeckt
  • Vorhandenes QMS ohne CE Aspekte

Wie wird die Kreislaufwirtschaft ins Qualitätsmanagement eingegliedert?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten; verschiedene Varianten müssen berücksichtigt werden. Im Folgenden wird erläutert, wie vorzugehen ist, wenn es noch kein Qualitätsmanagement gibt oder wenn CE noch nicht im QM verankert ist. Einen Gesamtüberblick über den Prozess zur Integration von CE ins Qualitätsmanagement ist auch in Abb. 3 dargestellt.

Wie wird ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut?

Das Ziel eines jeden Qualitätsmanagements ist die kontinuierliche Qualitäts- und Effizienzverbesserung, in Bezug auf Produkte, Dienstleistungen aber auch interne Abläufe. Damit Kreislaufwirtschaft ins QMS eingegliedert werden kann, braucht es zuerst ein QMS. Als allererster Schritt ist deshalb der Aufbau eines integrierten QMS notwendig. Dieses QMS sollte prozessorientiert sein, um einzelne Produkte oder Abteilungen zu integrieren und die Gesamtheit der Tätigkeiten und Abläufe zu managen und verbessern.

Genaue Anforderungen zu den notwendigen Schritten zur Implementation eines QMS finden sich, zum Beispiel, in den ISO Standards 9001 oder in den entsprechenden Branchen- oder anwendungs-spezifischen Standards, wie z.B. ISO 13485, ISO 14001, ISO 27001.

Zur Umsetzung der kontinuierlichen Verbesserung, wird häufig der PDCA-Zyklus (plan, do, check, act) verwendet.

Aufbau von prozessorientiertem QM System nach ISO Standards oder einem Business Excellence Modell nach EFQM, um Tätigkeiten und Abläufe zu managen und optimieren.

Wie wird die Kreislaufwirtschaft in ein bestehendes Qualitätsmanagementsystem eingegliedert?

Ist ein Qualitätsmanagementsystem nur für gewisse Teile des Unternehmens etabliert, braucht es eine strategische Entscheidung, ob das QMS ausgeweitet werden soll oder ob Firmenziele intern via optimale Kommunikation erreicht werden sollen.

Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen, z.B. der Nachhaltigkeitsabteilung und dem QM kann eine Herausforderung darstellen. Oftmals steht der Kundenwunsch und dadurch das Ziel der Produktion im Gegensatz zu der Vision der Nachhaltigkeitsabteilung oder derjenigen von Marketing und Verkauf. In solchen Fällen kann die Verankerung von Nachhaltigkeits- und Kreislaufwirtschaftszielen in der Vision des Unternehmens und dadurch im Design des Produktes helfen, Kundenwünsche aber auch Nachhaltigkeitsziele zu decken. Idealerweise würde eine solche Koordination der Ziele durch optimale Kommunikation zwischen den Abteilungen erreicht. Erfahrungsgemäss ist Kommunikation ein Thema das besondere Aufmerksamkeit braucht und entsprechend gemanagt werden muss (für Details siehe Abschnitt zur Kommunikation).

Abb. 2: Verankerung von CE in verschiedenen Stufen des Unternehmens
Abb. 2: Verankerung von CE in verschiedenen Stufen des Unternehmens

Ist ein prozessorientiertes, firmenübergreifendes QMS etabliert, kann Kreislaufwirtschaft darin integriert werden. Um dies zu erreichen, bedarf es einer Einbettung der Kreislaufwirtschaft und zugehörigen Strategien auf allen Ebenen des Unternehmens. Auf höchster Managementebene ist es wichtig, dass Kreislaufwirtschaft bereits in die Vision des Unternehmens einfliesst. Dadurch wird Kreislaufwirtschaft in verschiedenen Gebieten der Firma festgeschrieben: z.B. in der Unternehmenskommunikation, in der Verteilung der Finanzen und in den Weiterentwicklungsprojekten des Unternehmens, sowie in den Zielen der Firma und deren Mitarbeiter.

Es wird empfohlen, Kreislaufwirtschaftsstrategien auf strategischer und operativer Führungsebene in der Quality Policy oder im QM-Handbuch, welches die Prozessumgebung zusammenfasst, zu verankern.

Anschliessend werden die Strategien auf Prozess-und Arbeitsebene durch die Integration in den entsprechenden Prozessen detaillierter ausgeführt (siehe Abb. 2). Mögliche zirkuläre Ansätze für Produkte (z.B. Reparierbarkeit des Produktes), sowie allenfalls notwendige Anpassungen des Geschäftsmodells, können direkt im Anforderungsmanagement eingebettet werden. Dies ermöglicht den grösstmöglichen und effizientesten Nutzen aus der Integration der Kreislaufwirtschaft ziehen zu können. Es macht also Sinn, Kreislaufwirtschaft bereits bei der Ideation (Ideation, Design, Produktion) zu integrieren, um auf sich ändernde Regulationen in Bezug auf Kreislaufwirtschaft reagieren zu können. Eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse/Abläufe kann dann zum Beispiel mithilfe des PDCA (plan, do, check, act) Zyklus erreicht werden. Auch im PDCA-Zyklus macht eine Integration von CE Strategien bereits in der PLAN-Phase Sinn.

Abb. 3: Vorgehensweise zur Verankerung der Kreislaufwirtschaft im Qualitätsmanagementsystems eines Unternehmens
Abb. 3: Vorgehensweise zur Verankerung der Kreislaufwirtschaft im Qualitätsmanagementsystems eines Unternehmens

Wie kann die Kommunikation zwischen Abteilungen reibungslos und effizient gestaltet werden?

Bei der Einführung eines neuen Themas, wie beispielsweise Kreislaufwirtschaft, ist die Kommunikation in zwei Richtungen wichtig. Um eine zielführende Kommunikation mit dem Management zu erreichen, ist es wichtig, dass die Kommunikation kurz und auf die drei wichtigsten Punkte fokussiert ist:

  • Was ist der Einfluss auf das Tagesgeschäft und die Finanzen, wenn die R-Strategien umgesetzt werden und was passiert, wenn diese nicht umgesetzt werden?
  • Was genau sollte die Firma machen und was ist die Chance für die Firma, von der Umsetzung der R-Strategien zu profitieren?

Nach der Aufnahme des Themas in die Firmenstrategien sollte auch eine Kommunikation innerhalb des Unternehmens stattfinden. Für die Kommunikation innerhalb der Firma ist es wichtig, dass berücksichtig wird, wie sich die Implementierung von R-Strategien auf den aktuellen Status, die Vision und die Ziele des Unternehmens auswirken. Es muss zudem beachtet werden, wie sich Veränderungen auf das Tagesgeschäft der Mitarbeiter auswirken. Zuletzt sollte sichergestellt werden, dass die Kommunikation innerhalb des Unternehmens transparent und auf allen Ebenen des Unternehmens erfolgt und während des Änderungsprozess eine positive Fehlerkultur gelebt wird.

Zusätzliche Informationen:

Potting J, Hekkert M, Worrell E and Hanemaaijer A, (2016). Circular Economy: Measuring innovation in product chains. PBL Netherlands Environmental Assessment Agency, The Hague.

Hanser Pocket Power Buch Reihe – Profiwissen im Taschenformat (z.B. Qualitätsmanagement in der Rehabilitation und ABC des Qualitätsmanagements)

https://swisscircularquality.com/kreislaufwirtschaft-und-qualitatsmanagement/

Autoren

Luc Subal, Melanie Haupt, Prisca Zammaretti, Maja Wiprächtiger

realcycle GmbH
Hagenholzstrasse 85A
CH-8050 Zürich
Tel. +41 44 537 82 82

SAQ Swiss Association for Quality
Ramuzstrasse 15
CH-3027 Bern
Tel. +41 31 330 99 00

Dieses Whitepaper wurde ermöglicht durch

Circular Economy Switzerland
c/o ecos
Elisabethenstrasse 22
CH-4051 Basel

SAQ Swiss Association for Quality
Ramuzstrasse 15
CH-3027 Bern