Kreislaufwirtschaft und Qualitätsmanagement für Jungunternehmen

Whitepaper in Kürze

  • Zunehmende Umweltbelastungen, nationale und internationale Krisen, aber auch neue Gesetzgebungen fordern ein dynamisches Firmen-Management. Eine frühzeitige Verknüpfung von Qualitätsmanagement (QM) und Kreislaufwirtschaft (CE, engl. Circular Economy) ermöglichen eine rasche Anpassung an neue Gegebenheiten und dadurch ein stabiles Wachstum und eine langfristige Etablierung auf dem Markt. Ausserdem wird durch ein integriertes Qualitätsmanagement in Verbindung mit Kreislaufwirtschaft die Qualität der Produkte und Dienstleistungen sichergestellt, wodurch eine zukünftige ISO-Zertifizierung zeit- und kosteneffizienter realisiert werden kann.
  • Vision des Jungunternehmens festlegen
  • Vision/übergeordnetes Ziel in SMART Ziele unterteilen
  • Qualitätspolitik mit Kreislaufwirtschaftsziel, abgeleitet von der Firmenpolitik
  • Zuständigkeiten, Prozesse und Aufgaben bezüglich QM und CE festlegen
  • Iterative Abläufe (Prozesse definieren, Probleme identifizieren und beheben, Erkenntnisse implementieren) durchführen bis die Vision erreicht ist (z.B. PDCA – Zyklus)

Ausgangslage

Lediglich 50% der Jungunternehmen überstehen die ersten 5 Jahre nach der Gründung. Faktoren für diese Entwicklung sind die Qualitätsstabilität in der Produktionskette, die Ansprüche und Wünsche der Investoren, die Produktwahl und der Zeitpunkt der Markteinführung. Es stellt sich daher die Frage, wie Jungunternehmen die ersten 5 Jahre erfolgreich überstehen können. In Abbildung 1 sind die drei Einflussfaktoren aufgelistet mit möglichen Strategien/Methoden, die ein erfolgreiches Überstehen der ersten 5 Geschäftsjahre ermöglichen können. Ausserdem sind externe Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die ausschlaggebend sein können für die Verknüpfung von Kreislaufwirtschaft und Qualitätsmanagement (Ressourcenknappheit, abweichende Gesetzgebungen in unterschiedlichen Expansionsländern, etc.).

In diesem Whitepaper wird die Wichtigkeit einer frühzeitigen Einführung eines integrierten Qualitätsmanagementsystems in Verbindung mit Kreislaufwirtschaftsstrategien betrachtet, um eine langfristig stabile und qualitativ hochwertige Produktion zu ermöglichen. In den folgenden zwei Abschnitten werden die Thematiken des Qualitätsmanagements und der Kreislaufwirtschaft kurz eingeführt. Anschliessend wird anhand von drei Leitfragen, auf die oben erwähnten Einflussfaktoren eingegangen.

Abb. 1: Faktoren und Methoden/Strategien für eine erfolgreiche Etablierung von Jungunternehmen.
Abb. 1: Faktoren und Methoden/Strategien für eine erfolgreiche Etablierung von Jungunternehmen.

Was ist Qualitätsmanagement und wie ist es aufgebaut?

Unter Qualitätsmanagement wird die Planung, Kontrolle, Optimierung, Lenkung und Implementierung von Prozessen unter Berücksichtigung von Gesetzgebungen, Regulatorien, Kundenanforderungen und Firmenansprüchen verstanden. Ziel des Qualitätsmanagements ist eine kontinuierliche Qualitäts- und Effizienzverbesserung und die damit verbundene langfristige Gewährleistung der Kundenzufriedenheit. Die frühzeitige Einführung eines Qualitätsmanagementsystems reduziert die Fehlerquote bei Produkten und Dienstleistungen und verbessert dadurch die Kundenbindung und Kundenakquisition. Neben der Reduktion der Fehlerquote wird durch ein QM System die Firmen DNA geprägt und die Arbeitsmoral durch klar definierte Ziele erhöht. Dies führt zu einer verbesserten Qualität des Produktes oder der Dienstleistung, was wiederum das Kundenvertrauen positiv beeinflusst. Die frühzeitige Implementierung eines QM Systems erleichtert eine anschliessende Zertifizierung des Unternehmens, des Produktes oder der Dienstleistung massgeblich. Auch werden Strukturen und Verantwortlichkeiten (Aufbau- und Ablauforganisation) klar definiert.

QM Systeme verknüpft mit CE Strategien führen zu kontinuierlicher Qualitäts- und Effizienzverbesserung und einer erhöhten Flexibilität.

Wird die nötige Flexibilität für zirkuläre Gedanken frühzeitig im Qualitätsmanagementsystem integriert, kann zu einem späteren Zeitpunkt mit substanziellen Ersparnissen von Zeit und finanziellen Mitteln gerechnet werden. Zudem kann so nachhaltig die Kultur eines Unternehmens beeinflusst werden. Die frühzeitige Integration der zirkulären Gedanken im obersten Management ist wegweisend für eine nachhaltige Zielsetzung.

Was ist Kreislaufwirtschaft und wieso ist eine Implementation wichtig?

Mit dem Einsatz von zirkulären Wirtschaftsmodellen wird versucht, die Ressourcennutzung durch längere Nutzung von Produkten, Reduktion von Abfällen und primären Ressourcen, sowie dem Einsatz von Sekundärmaterialien, Produktionsnebenprodukten und -rückständen zu optimieren. Gleichzeitig sollen Umweltbelastungen minimiert und sozio-ökonomische Differenzen ausgeglichen werden.

Die heutige geopolitische Lage und der voranschreitende Klimawandel sind Hauptgründe für die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Neben dem Reduktionspotential von Umweltbelastungen sind die Unabhängigkeit von Primärressourcen und den damit verbundenen Preisfluktuationen wichtige Aspekte, welche zirkuläre Geschäftsmodelle befürworten.

Abb. 2: 10R Framework nach Potting et al. (2016)
Abb. 2: 10R Framework nach Potting et al. (2016)

Kreislaufwirtschaft kann mit Hilfe der 10 R-Strategien umgesetzt werden. Dazu gehören Massnahmen zur Reduktion oder Vermeidung von Ressourcen, die Verlängerung der Produktlebensdauer und die sinnvolle Wiederverwendung, respektive Verwertung von Produkten. Damit zirkuläre Geschäftsmodelle langfristig umgesetzt werden, ist eine Verankerung dieser Gedanken in der Firmenphilosophie unumgänglich. Nur so kann gewährleistet werden, dass in nachfolgenden Schritten und Aufgaben der zirkuläre Gedanke miteinfliesst.

Wie garantiere ich eine transparente Lieferkette?

Eine transparente Lieferkette ist ein wichtiger Bestandteil für eine stabile und langfristig erfolgreiche Produktion. Hinzu kommen eine bessere Risikoeinschätzung innerhalb der Lieferkette und kürzere Anpassungszeiten an neue Gesetzgebungen durch vertiefte Prozesskenntnisse. Für den Aufbau einer transparenten Lieferkette müssen Informationen zur Rohstoffqualität und -beschaffung aber auch zu den Sicherheitsstandards, den Arbeitsbedingungen und der Nachhaltigkeit vorhanden sein.

Transparente Lieferketten können mit Hilfe von standardisierten Prozessen, vorherigen Lieferanten-bewertungen (Zertifikatskontrolle) und direkten Verträgen erzielt werden. Zusätzlich sollten die Produktionsstätten in regelmässigen Abständen persönlich besichtigt werden, um die Gegebenheiten zu überprüfen. Eine weitere Möglichkeit ist die interne oder externe Anstellung professioneller Einkäufer (Procurement consultants), welche geeignete Lieferanten ausfindig machen und diese nach den firmenintern festgelegten Kriterien überprüfen.

Für die erfolgreiche Umsetzung von zirkulären Geschäftsmodellen ist eine transparente Lieferkette unabdingbar. Nur so kann garantiert werden, dass beispielsweise Sekundärmaterialien für neue Produkte eingesetzt oder Lieferanten mit fairen Arbeitsbedingungen ausgewählt werden. Des Weiteren ermöglicht Transparenz eine Evaluation von Verbesserungspotenzialen innerhalb der Lieferkette hinsichtlich Kreislaufwirtschaft.

Transparente Lieferketten garantieren durch:

  • Standardisierte Prozesse
  • Lieferantenbewertungen
  • Direkte Verträge
  • Besichtigungen der Produktionsstätten
  • Anstellung eines professionellen Einkäufers

In der heutigen Zeit mit den geopolitischen Unsicherheiten und der angespannten Wirtschaftssituation ist es von Vorteil, wenn für Schlüsselkomponenten mehrere Zulieferer bereit sind, um mögliche Engpässe zu überbrücken.

Wie werden adaptive aber klar definierte Prozesse aufgebaut?

Visionen oder übergeordnete Ziele haben oftmals einen komplexen und anspruchsvollen Charakter. Damit diese Ziele erreicht werden können, ist es wichtig, Teilziele und klare Prozesse zu definieren. Teilziele müssen spezifisch, messbar, attraktiv, relevant und terminiert sein (SMART Ziele).

Die Einführung von klar definierten Prozessen ist wichtig, um eine konstante Produktqualität und eine vereinfachte Produktionsvergrösserung zu erzielen und grössere Flexibilität zu garantieren. Der Aufbau eines integrierten Qualitätsmanagementsystems und somit der Aufbau von klaren Prozessen erfolgt in vier Teilschritten, wobei vorab die Qualitätsziele definiert werden müssen. Im ersten Schritt müssen dann die Prozesse definiert und aufgezeichnet werden. Dieser Schritt dient dem Prozessverständnis. Als nächstes werden mögliche Mängel und Ineffizienzen innerhalb der Prozesse festgestellt und vermerkt. In einem dritten Schritt werden die Mitarbeiter geschult. Es müssen die Prozessschritte, aber auch die Teilziele und die Vision übermittelt werden. Der letzte Schritt befasst sich mit der Implementierung dieser Erkenntnisse in die Firmen- und Prozessstruktur. So können anschliessend mittels z.B. PDCA-Zyklus die erwähnten Schritte wiederholt und kontinuierliche Verbesserungen erzielt werden.

Vorab: Qualitätsziele/Qualitätspolitik festlegen

  1. Prozesse definieren/aufzeichnen
  2. Probleme/Mängel/Ineffizienzen identifizieren
  3. Schulung der Mitarbeiter
  4. Implementierung der Erkenntnisse in die Firmen- und Prozessstrukturen

Wie kann ich eine bestimmte Qualität gewährleisten, damit eine Grossproduktion (Reproduktion) möglich wird? Was möchte das Start-Up erreichen hinsichtlich Qualität?

Die gewünschte Qualität kann mittels eines prozessorientierten integrierten Qualitätsmanagementsystems in Verbindung mit CE Strategien erreicht werden. Grundlegend für ein QM-CE System sind (1) eine geeignete Leadership-Struktur mit zirkulären Visionen, (2) eine klare Qualitätspolitik mit klaren Verpflichtungen bezüglich Zirkularität, (3) definierte Strategien und Ziele, sowie geregelte Verantwortlichkeiten hinsichtlich QM und CE und (4) ein Anforderungsmanagement (Requirement-Management), welches die Visionen und Kriterien der Firma, aber auch gesetzliche und produktspezifische Anforderungen im Überblick hat. Die Umsetzung dieser Grundlagen im Anfangsstadium ist ausschlaggebend, damit die iterativen Prozessstrukturen des QM-CE Systems in den nachfolgenden Phasen Ideation, Design und Produktion verwendet werden können. Neben der Implementierung der QM-Strukturen sollten auch zirkuläre Gedanken bereits in der Ideation Phase integriert werden, um die iterativen Prozessstrukturen sowohl für Qualitäts- als auch Nachhaltigkeitsoptimierung zu verwenden.

Der Schritt von Prototyp zu Serienproduktion kann für ein Jungunternehmen anspruchsvoll und mit einem Qualitätsrückschlag verbunden sein. Wichtig für eine erfolgreiche Produktionsvergrösserung ist die Entwicklung eines minimal brauchbaren Produktes (Minimum Viable Product MVP). Hierfür können Tools, wie die Design Thinking Methode oder der PDCA-Zyklus (plan, do, check, act) verwendet werden. Ziel des MVP ist es, die Funk-tionsweise des Produktes zu testen und schnellstmöglich Feedback (von Investoren und Kunden) zu generieren. So können potenzielle Probleme und Kundenansprüche bereits im frühen Stadium behoben, respektive integriert werden. Wird dieser Schritt erst bei grossen Produktions-volumen vollzogen, droht Gefahr das die Qualität und Funktionalität des Produktes nicht wunschgemäss ausfällt.

Werden die Anteile eines Start-Ups auf diverse Partner aufgeteilt oder sogar ganz verkauft, ist es möglich, dass die ursprünglichen Visionen und Grundsätze des Start-Ups verloren gehen. Mit Hilfe von Labels wie BCorp können diese Visionen und Grundsätze langfristig an ein Start-Up gebunden werden und müssen auch bei einem Verkauf weiterverfolgt werden.

Abb. 3: Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems mit integrierten Kreislaufwirtschaftsansätzen.
Abb. 3: Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems mit integrierten Kreislaufwirtschaftsansätzen.

Zusätzliche Informationen

Potting J, Hekkert M, Worrell E and Hanemaaijer A, (2016). Circular Economy: Measuring innovation in product chains. PBL Netherlands Environmental Assessment Agency, The Hague.

Hanser Pocket Power Buch Reihe – Profiwissen im Taschenformat (z.B. Qualitätsmanagement in der Rehabilitation und ABC des Qualitätsmanagements)

https://swisscircularquality.com/kreislaufwirtschaft-und-qualitatsmanagement/

Autoren

Luc Subal, Melanie Haupt, Prisca Zammaretti, Maja Wiprächtiger

realcycle GmbH
Hagenholzstrasse 85A
CH-8050 Zürich
Tel. +41 44 537 82 82

SAQ Swiss Association for Quality
Ramuzstrasse 15
CH-3027 Bern
Tel. +41 31 330 99 00

Dieses Whitepaper wurde ermöglicht durch

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